Wie Sie sich mit Excel schön rechnen können

ERP- Publikationen By: Dr. Harald Dreher - Feb 16, 2016

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Weshalb das Arbeiten außerhalb von ERP Software und BI Systemen mit Tabellenkalkulations-Programmen wie Excel so gefährlich sein kann.

Excel als Schatten IT

 

Weshalb das Arbeiten außerhalb von ERP Software und BI Systemen mit Tabellenkalkulations-Programmen wie Excel so gefährlich sein kann.

Microsoft Excel war das erste erfolgreiche Programm für den interaktiven Einsatz auf einem Computer, mit dem Nutzer Daten in Tabellenform bearbeiten konnten und wurde 1985 entwickelt. Davor gab es schon einen Vorläufer – Multiplan – welches aber den kommerziellen Erfolg nicht realisieren konnte.
Heute gibt es mehrere verschiedene sogenannte spreadsheet Programme, von denen „Excel“ das führende mit über 750 Millionen Nutzern weltweit ist. Andere Anbieter sind zum Beispiel Apple mit „Numbers“ und Google mit „Tabellen“ und andere, auch open source Hersteller.

Kaum ein Unternehmen, eine Behörde oder eine Universität kommt heute ohne Excel aus, oder kann auf den Einsatz von Tabellenkalkulationsprogrammen verzichten.

 

Was bedeutet diese Dominanz und Verbreitung von Tabellenkalkulationsprogrammen mit dieser Fehlerquote für ein Unternehmen?

Zunächst ist dies ein Beleg dafür, dass die Nutzer und Mitarbeiter in Unternehmen einen Bedarf an Datenauswertungen, Tabellen und Listen haben.
Aber über 80% aller Excel Arbeitsblätter enthalten Fehler, sagen die Experten, die sich professionell mit Excel-Arbeitsblätter und deren Qualitätssicherung befassen.
(Siehe Quellen am Ende des Artikels). Der Ökonom und Professor Raymond Panko der Universität Hawaii hat in vielen Versuchsreihen ermittelt, dass rund 94% aller Excel-Arbeitsblätter Fehler enthalten sollen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass diese Zahl zu hoch gegriffen ist,weil viele Arbeitsblätter eine geringe Komplexität besitzen, haben unsere eigenen durchgeführten Stichproben ergeben, dass rund 60% aller Excel Arbeitsblätter, die im Einsatz sind, mit Fehlern rechnen.

 

Welche Fehler sind dies in der Regel?

Oftmals sind es auf den ersten Blick nur Kleinigkeiten wie zum Beispiel ein falsches Vorzeichen.
So geschehen bei Fidelity Investments, die bei der Berechnung der Erträge für einen Fond, der den Namen Magellan Fond trägt, ein Minus-Zeichen vergessen hatten  und damit die Berechnung um 2,6 Milliarden Dollar zu hoch angesetzt wurde und einen falschen Wert darstellte.

Experten der „European Spreadsheet Risks Interest Group“ (Eusprig) gehen davon aus, dass die Hälfte aller Berechnungen, mit denen große Unternehmen ihr Tagesgeschäft bestreiten, fehlerhaft sind.

Dabei ist auch entscheidend, ob die festgestellten Fehler kategorisiert werden können. Dies würde eine große Hilfe darstellen, um eine Qualitätssicherung zur Berechnung der Tabellen zu erleichtern.

Eine Fehlerklassifizierung kann nach Ansicht von Prof. Raymond Panko in drei Kategorien vorgenommen werden:

  1. Logische Fehler aus mangelndem Fachwissen
  2. Flüchtigkeitsfehler – beim Tippen erzeugt, oder falsch miteinander verknüpfte Zellen in einer Tabelle oder in mehreren Tabellenblättern
  3. Unterlassungsfehler, bei denen wichtige Daten einfach vergessen oder sogar absichtlich nicht eingetragen werden.

Die Fehler der Klassifizierung Nummer drei (Unterlassungsfehler) haben in der Regel die größten Auswirkungen oder können besonders gravierend sein, weil sie am seltensten entdeckt werden.

Ein Beispiel dazu ist eine Studie der Harvard Ökonomen Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff, die in einer Tabelle fünf wichtige Länder vergessen haben und nach Ansicht eines Autors von F1F9 Robin Aitken einen Schaden von ca. zehn Milliarden Pfund allein für Großbritanien errechneten, weil aufgrund der Studie Haushaltssparmaßnahmen vorgenommen wurden, die auf der falschen Berechnung beruhten.

Die Studie von Rogoff, in einer früheren Funktion auch als  ehemaliger Chefökonom des Internationalen Währungsfonds tätig, befasste sich mit der Berechnung von Staatsschulden und kam damals zum Ergebnis, dass Länder, deren Schulden mehr als 90 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) ausmachen, langsamer oder gar nicht mehr wachsen. Die Studie kam zum Ergebnis, dass sich Konjunkturprogramme dann nicht mehr lohnen um ein Land aus einer Rezession zu führen, sondern dem Land sogar schaden, wenn die Staatsschulden mehr als 90% des BIP ausmachen.

Der Fehler bestand darin, dass in der Zelle L/51 der Tabelle in der Formel die zur Berechnung des Durchschnitts von 20 Ländern dient, einfach 5 Zeilen vergessen wurden.
Dies war auch deshalb schwerwiegend, weil es ökonomisch starke Volkswirtschaften waren, die vergessen wurden:

  • Australien,
  • Belgien,
  • Dänemark,
  • Kanada und
  • Österreich.

 

Welche Auswirkungen hat dies auf den Einsatz von Excel-Tabellen im Unternehmensalltag?

Dazu zeigen die Fakten eine klare und eindeutige Aussage: Ja, es hat gravierende Auswirkungen.

Es sind 3 Punkte, die zu dieser Aussage führen:

  1. Welche Sicherheit gibt es, dass die Excel-Arbeitsblätter die im Unternehmen im Einsatz sind fehlerfrei sind?
  2. Welche Qualitätssicherungsmaßnahmen und Excel-Audits gibt es, um Fehler zu reduzieren und auszuschließen?
  3. Wie werden die Berechnungen dokumentiert um sie nachvollziehen zu können?

Wir erleben bei unserer ERP Consulting Arbeit immer wieder, dass genau diese drei Fragen nur in geringem Umfang beantwortet werden und auch die Sensibilität für mögliche Fehler in Tabellenkalkulationsprogrammen nicht sehr ausgeprägt ist.

 

Was bedeutet dies für eine ERP-Beratung und ERP-Einführung?

Gerade bei der Definition von Anforderungen im Rahmen einer ERP-Beratung zur Erstellung eines ERP-Pflichtenheftes und einer späteren ERP-Einführung erwarten unsere Auftraggeber, daß die vielen Excel Sheets reduziert und in die ERP-Software eingebunden werden.
In der Regel ist es aus unserem Erfahrungsschatz auch deutlich zu erkennen, dass umso mehr individuelle Excel-Arbeitsblätter im Einsatz sind, je älter die ERP-Software oder je schlechter (geringer) die Funktionalität der ERP-Software ist.
Um dennoch Daten für Entscheidungen zu erhalten, werden gerne Excel Lösungen eingesetzt. Dies erfolgt vom Vertrieb über Einkauf, Controlling, Qualitätsmanagement, Produktion über die Finanzbuchhaltung bis zum Personalwesen.

Deshalb haben wir inzwischen Qualitätssicherungsmaßnahmen entwickelt, um bei der ERP-Beratung und beim Erstellen von ERP-Lastenheften zuallererst die Qualität der Excel-Arbeitsblätter zu überprüfen und unseren Kunden Hilfestellung zu geben. Wir wollen damit vermeiden, dass mögliche, unbekannte Fehler in eine neue ERP Software übertragen werden.
Dies sind Maßnahmen im Rahmen von Versionskontrollen, das Erstellen von Regeln für die Dateneingabe und Datenmanipulation sowie der Speicherung und das Kopieren von Dateien auf unterschiedlichen Rechnern.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Auseinandersetzung mit den Formeln und Berechnungen, die in den Arbeitsblättern, Tabellen, Spalten und Zeilen eingebettet sind. Schwierig sind oft die Ermittlungen von Abhängigkeiten oder Daten, auf denen dann Berechnungen erfolgen.
Ideal wäre für dies Arbeit, ein Softwaretool im Hintergrund, um die Logik und die Plausibilität von Berechnungen zu prüfen. Leider steht da aber die alte Programmiersprache Visual Basic mit dem Excel heute noch Formeln berechnet. Deswegen gibt es derzeit zur Dokumentation und zur systematischen Qualitätssicherung keine Alternative.

Parallel dazu ist es wichtig, bei der ERP-Beratung auf die Erzeugung der Daten, der Berechnung von Ergebnissen und vor allem auf die Qualitätssicherung von Stammdaten höchste Aufmerksamkeit zu legen.
Nur dann kann den Ergebnissen vertraut werden und nur dann kann die IT eine Grundlage für die Datenbearbeitung und damit Grundlagen für das Management liefern, damit Entscheidungen getroffen werden können, die auf korrekten Zahlen basieren.

 

Quellen:

Eigene ERP-Beratung und ERP-Projekterfahrung

F1F9

https://www.eusprig.org/

https://panko.shidler.hawaii.edu/SSR/index.htm

 

Microsoft, Excel, Harvard sind Markennamen, die den jeweiligen Markeninhabern gehören

 

 

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Wir hoffen, diese Publikation ist nützlich für Sie. Wenn Sie weitere Fragen zu diesem Thema haben, freuen wir uns, von Ihnen zu hören." - Dr Harald Dreher